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Meine Philosophie ...

... beim Dirigieren 

        

       Wenn Menschen zusammen musizieren, gibt es immer eine Spannung zwischen Präzision und Spontaneität. Nur mit Präzision gibt es wirkliches Zusammenspiel, eine Wiedergabe der Komposition als musikalische Form. Spontaneität gibt jedem Musiker sein eigenes Gesicht und macht jede Aufführung einmalig und lebendig.

 

    Diese Spannung ist nirgends grösser als in der Oper: Während es in der Orchesterliteratur schon eine Herausforderung ist, die Klangeigenschaften und die unterschiedliche Ansprache der Instrumente zu verbinden, sind hier die Herausforderungen potenziert: Es kommen Sänger dazu, Solistinnen und Chöre, grössere und immer wieder wechselnde Distanzen. Wie wenn das nicht schon genug Ansprüche an das Zusammenspiel stellen würde, verlangt die Oper viel mehr Spontaneität, die hier nicht nur für die musikalische, sondern auch für die dramatische Entwicklung essenziell ist.

 

    In der Praxis führt das zu zwei Extremen, mit dem Problem umzugehen: Beim Ersten hält der Dirigent die Zügel in der Hand und die Sänger orientieren sich zu ihm hin. Solche Aufführungen sind nicht nur szenisch unbefriedigend, sondern oft auch emotional, weil die Sängerinnen nicht wirklich in ihre Rollen eintauchen können. Im zweiten Fall lassen sich die Sänger ganz von ihren Emotionen tragen, wodurch häufig Präzision und Zusammenspiel leiden.

 

    Als Dirigent fasziniert es mich, einen Weg zu finden, bei dem die Sängerinnen die Spontaneität ihrer Rollen glaubhaft ausdrücken können und dabei die musikalische Form nicht verzerren oder gar verlassen, sondern ihr durch ihren Ausdruck Sinn, Tiefe und Schönheit verleihen. Bei den grossen Komponisten ist jeder Rhythmus, jedes Intervall und jede Harmonie ein Mittel zum angestrebten Ausdruck: Wenn es uns als Interpreten gelingt, jedes Element eines Werks als sinn- und wirkungsvolles Mittel zum Ausdruck zu verstehen und umzusetzen, wird eine Art höhere, gemeinsame Spontaneität möglich. Denn wie die Freiheiten der Sänger dann stets im Bezug zur musikalischen Form bleiben, bezieht sich das Spiel des Orchesters in jedem Moment auf die Emotionen auf der Bühne.

... zu Begleitung und Coaching

 

 

              Seit ich klein war, faszinierte mich die komplexe Beziehung zwischen Musik und Sprache. Die Sprache ermöglicht der Stimme einen einmaligen Reichtum an Klangfarben. Sprache und Musik treten in eine spannungsvolle, magische Beziehung. Beide bestehen aus Klang, Rhythmus, Betonungen. Dadurch können sich Sprache und Musik oft verstärken und steigern, aber sie können auch in Spannung, sogar in Widerspruch zueinander treten.

 

   Sie sind dabei wie zwei starke Persönlichkeiten, die zusammen in eine wunderbare, produktive Beziehung treten und dabei doch immer sicher sein können, dass es niemals einfach sein wird. Darum ist für einen Pianisten, der mit Sängern arbeitet, das Verständnis der Sprache und der Poesie ebenso wichtig wie seine pianistischen Fähigkeiten.

 

   Dabei hat jede Sprache einen anderen Charakter, andere klangliche und stilistische Eigenheiten, Schwierigkeiten und Möglichkeiten. Diese sind nicht nur für die Sängerinnen zentral: Sprache und Phrasierung bedingen einander und gehen ineinander über, nicht nur in der Stimme, sondern auch im Klavierpart. Gelingt dies, entsteht eine Einheit, eine dritte Dimension im Ausdruck, welche die Grenzen der Liedform sprengt und die Unendlichkeit des poetischen Raumes fühlbar macht.

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